RUNDGANG TEIL 4

Der Innenraum der Oberkirche

Über eine Treppe gelangt man’ in das Innere der Oberkirche. Die Treppe ist wie von einem Baldachin überspannt. Er wird von der frei im Raum stehenden Orgelempore gebildet und gibt dem Aufgang eine wohltuende Fassung nach oben und eine raumhafte Geschlossenheit.

Die Stufen führen zunächst auf den Taufstein zu. Sein Raum und die dahinter liegende Sakristei befinden sich über der Unterkirche und damit außerhalb des kubischen Baukörpers. Der Taufstein in zylindrischer Gestalt aus hellem Muschelkalk und Bronze entspricht in seiner klaren, strengen Form der Architektur.

Der Innenraum der Kirche umfasst den Besucher mit herber Größe und zugleich mit einem geheimnisvollen Licht. Die Quelle des Lichtes ist unsichtbar. Man hat den Eindruck, als würden die Außenwände nur wie freie, in den hellen Himmel ragende Scheiben das Innere umgrenzen, und dieses Innere bestände nur aus einem riesigen Baldachin. In diesem Eindruck spricht sich das Gefühl des Leichten, Schwerelosen, das der Raum vermittelt, aus. Der graue Beton der Wände, die in einem einfachen, der Akustik dienenden Relief gegossen sind, blüht zu warmer Farbigkeit auf und erhält, da in jeder Tageszeit die Sonne den Innenraum erreicht, eine immer wechselnde Beleuchtung. Die Lichtführung ist von so prägender Schönheit und Eigenwilligkeit, dass alle Materialien, Flächen und Körper von ihr Leben und Farbe erhalten.

 

Hoffnungsfroh und österlich

Das Symbol von Leben und Licht, das im Außenbau schon erfahren wurde, ist im Innern in zweifacher Weise gesteigert. Der Raum erscheint als überirdischer Lichtraum, und dann ist es ferner wieder das Licht, doch nun als Lichtfarbe, die als sieghaftes Element in dem Altarbild aufleuchtet. Professor Georg Meistermann hatte die Aufgabe, die ganze Wand, die sich hinter dem Altar ausspannt, mit dem Thema der Geheimen Offenbarung zu gestalten. Die Vision des Johannes, seine Schau der strahlenden, himmlischen Stadt, der festlichen Liturgie des Lammes und der letzten Offenbarung Gottes in Macht und Herrlichkeit sollte auch ikonographisch den Raum als hoffnungsfroh, österlich-endzeitlich interpretieren. In eine dunkle, zerbrechende Vorderzone, die links unten und oben vorherrscht, bricht das Licht aus einem unendlich tief erscheinendem Raum, der sich aus zarten Farbtönen aufbaut, in einer dynamischen, farbkörperlichen Raumspirale ein. Alle Bildbewegung hat ihren Ausgangspunkt im Lamm, das sich wie erhebt und den Tag der Endzeit ankündigt. Das Altarbild ist in seiner Textur, in den Flächenproportionen, in seinem innerbildlichen Raum ein Bestandteil der Architektur des Innenraums. Seine Ikonographie tritt deutend zum Eucharistischen Kult am Altar hinzu, der als Vorbereitung und Vorform der endzeitlichen Liturgie vom Herrn seiner Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit vermacht ist.

Vor der unteren, dunklen Zone des Bildes hebt sich der weiße Marmor von Altar und Ambo klar ab. Ihre kubischen Formen beherrschen den Altarbezirk. Tabernakel, Kreuz und Leuchter, Werke der Kunstwerkstätten von Münsterschwarzach, stehen mit dem reinen, goldenen Ton ihres Materials und der einfachen Gestalt leuchtend und prägnant vor dem farbigen Grund.

In einem kleinen rückwärtigen Bezirk, der durch die Empore aus dem Innenraum abgesondert wird, befinden sich die Beichtstühle. Ihnen ist eine Nebenkapelle beigegeben. Damit erhalten auch sie als Stätte eines Sakraments ihren eigenen Raum. Eine große, innere Ordnung bringt Teil zu Teil und Raum zu Raum und erzielt eine Harmonie des Ganzen.