Die Idee
Im Jahre 1963, also dem Jahr der Einweihung der Gedenkkirche, wurde im Berliner MORUS-Verlag ein Buch über die Idee und die Baugeschichte der Kirche Maria Regina Martyrum veröffentlicht. Ungenannter Herausgeber des Buches ist Prälat Walter Adolph (W.A.). Er war Chefredakteur der Berliner Bistumszeitung „Petrusblatt“ und einer der größten Förderer des Projekts. In dem Vorwort des Buches beschreibt er die Idee und deren Entfaltung.
Das Gotteshaus »Maria Regina Martyrum« ist aus der Hingabe und dem Opferwille vieler Christen erwachsen. Ihnen allen gilt der Dank des Bistums Berlin. Wenn auch nur wenige Namen genannt werden können, in unseren Dank sind alle eingeschlossen.
Der hochselige Bischof von Berlin, Wilhelm Weskamm (1951-1956), nahm die Anregung aus den Reihen des Domkapitels, in der Nähe der Hinrichtungsstätte Plötzensee ein Gotteshaus zum Gedächtnis der Blutzeugen für die Glaubens- und Gewissensfreiheit 1933-1945 zu errichten, freudig auf und proklamierte diesen Plan auf der Kundgebung in den Rehbergen auf dem 75. Deutschen Katholikentag am 23. August 1952.
Auf dem 78. Deutschen Katholikentag im Jahre 1958 hatte der Plan, die Gedächtniskirche für die Blutzeugen zu bauen, die Herzen der Katholiken soweit gewonnen, dass der damalige Bischof von Berlin, Julius Kardinal Döpfner (1957-1961), sich entschloss, das Vorhaben seines Vorgängers zu verwirklichen. …
Eine Vision von Bischof Wilhelm Weskamm
Bei einer Feierstunde des 75. Deutschen Katholikentages für die Blutzeugen am 23. August 1952 formulierte der Bischof von Berlin diese Vision:
Darf ich als Berliner Bischof ein Schlusswort sagen? Die Gedenkstunde vergeht, und jedes Gedenkwort verweht. Aber das Gedenken an die Frauen und Männer, deren Andenken uns hier versammelt, darf nicht aufhören. Müßte nicht ein Mal da sein, damit man an sie denkt? Aber was soll denn Stein und Erz, da wo es sich um persönliches Leben und leidvolles Sterben handelt?
In Plötzensee zieht sich weit herum der Kranz der Gärten mit den Lauben; heute schon wohnen dort Menschen, und auf dem Bauamt verdichten sich die Pläne, dass bald Häuser erstehen und Familien dort wohnen. Die Kirche, die in der Nähe vom Gefängnis dort in Plötzensee einmal erstehen wird und bald erstehen muss, die Kirche in Plötzensee – sie könnte ein lebendiges Denkmal sein an das, was wir heute vor unserem geistigen Auge erstehen sahen. Wenn dann die Kinder an der Hand ihrer Mutter durch Plötzensee gehen und nach der Kirche fragen: was ist das für eine Kirche, gibt es denn Märtyrer? _ Dann mögen die Mütter ihren Kindern antworten: Es gab Märtyrer, und es gibt Märtyrer. Ich habe noch welche gekannt.
Und darum steht in Plötzensee einmal, so Gott will, eine Kirche zum Gedächtnis der Märtyrer.
Eine Botschaft von Papst Pius XII.
An die Teilnehmer des 78. Deutschen Katholikentages 1958 in Berlin richtete Papst Pius XII. eine Botschaft, in der sich auch folgende Absätze zur Idee einer Gedenkkirche finden:
An einer Stätte, wo in dunkler Zeit Todesurteile am laufenden Band vollstreckt wurden, plant ihr ein Heiligtum zu Ehren der »Regina Martyrum« und zum Gedächtnis jener aus euren Brüdern und Schwestern, Deutschen und Nicht-Deutschen, die damals ihr Einstehen für die Rechte Gottes und des guten Gewissens mit ihrem Blut besiegelt haben. …
Eine Predigt von Julius Kardinal Döpfner
Bei der feierlichen Grundsteinlegung am 12. November 1960 hielt der damalige Bischof von Berlin eine Predigt, in der er auch die Frage beantwortete: “Warum bauen wir diese Kirche?”
Manchmal wird im Blick auf »Regina Martyrum« die Frage gestellt: Warum wird zum Gedächtnis an die Blutzeugen jener Jahre eine Kirche gebaut? Wir antworten: Weil wir mehr haben wollen als nur eine Gedächtnisstätte. In unserer Mitte soll die Quelle sprudeln, aus der unsere Brüder und Schwestern die Kraft zu ihrem Zeugnis schöpften. Der gekreuzigte Herr ist Ursprung und Kraftquell alles Martyriums und alles Bekenntnisses. Dem gekreuzigten und auferstandenen Christus wird hier der Altar errichtet. Hier wird eine Stätte geschaffen, an der das Gedächtnis Seines Leidens und Seines Todes in sakramentaler Mächtigkeit begangen wird. Wenn einst der ernste Feierraum mit seinen dunklen Mauern an die Leiden unserer Zeugen erinnern soll, dann wird entscheidend in der Mitte unter dem leuchtenden, schwebenden Schrein der Kirche der Altar Christi stehen. …
Eine Ansprache von Generalvikar Prälat Walter Adolph
Zum Richtfest am 30. November 1961 hielt Prälat Walter Adolph eine Ansprache, in der er an die Bluzeugen aus anderen Völkeren und den anderen christlichen Konfessionen erinnerte.
Dieses Gotteshaus erwächst aus der Ehrfurcht und Dankbarkeit, aber auch aus der Verpflichtung, die wir für jene Menschen haben müssen, die um der Glaubens- und Gewissensfreiheit willen in den Jahren 1933 bis 1945 ihr Blut hingegeben haben; ihre Zahl in unserem Volk ist nicht klein. Aber wir wollen an dieser Stätte nicht allein das Gedächtnis an die Söhne und Töchter unseres Volkes wachhalten, die für uns das Opfer ihres Lebens gebracht haben. Wir wollen hier auch aller Mitmenschen aus den Völkern Europas gedenken, die um der Wahrheit und Gerechtigkeit willen unter der Hitler-Diktatur ihr Leben ließen. … Wir haben den Platz am Heckerdamm für die Gedächtniskirche ausgewählt, weil er in der Nachbarschaft der Hinrichtungsstätte Plötzensee liegt. Dort ließen Männer wie Pater Delp, Letterhaus und Groß und als evangelischer Christ Graf Moltke, das Haupt des Kreisauer Kreises, ihr Leben, um einige wenige Namen zu nennen. Plötzensee ist aber für uns nur Symbol für die anderen Richtstätten und Lager, in denen unsere Blutzeugen starben. …