Die Sonne der Osternacht
Mit dem Bild einer Sonne ist die Osterkerze in der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum in diesem Jahr verziert. Sr. Mirjam aus dem Karmel Berlin hat das Motiv entworfen und die Kerze gestaltet. Außer der Jahreszahl 2013 wurden auf die “klassischen” Elemente, das Kreuz mit den Nägeln und das Alpha und Omega, verzichtet.
Eine Betrachtung
Es wurde Abend und es wurde Morgen. Der erste Tag. – Er beginnt in der biblischen Schöpfungsgeschichte mit der Erschaffung des Lichtes: “Gott sprach es werde Licht. Und es wurde Licht.” Tag und Nacht werden geschaffen, Finsternis und Licht werden getrennt. Der erste Schöpfungstag ist das Vorausbild des Ostertages. Der eine beendet die Finsternis die über der Urflut liegt. Der andere löst die Finsternis, die die Schatten des Todes über die Menschheit gelegt hat.
“Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war.” – So beginnt der Auferstehungsbericht des Evangelisten Johannes. (Joh 20,1) Die Kirche feiert diesen frühen Morgen und sie beginnt ihn mit dem Zeichen des Lichtes. Das Osterfeuer und die Osterkerze, die am Feuer entzündet wird, stehen am Anfang der Liturgie, die noch ganz in der Dunkelheit der Nacht beginnt. Im Osterlob wird die Kerze gedeutet, als das Licht, das entzündet wird, “um in dieser Nacht das Dunkel zu vertreiben”. Sie ist das Zeichen des Auferstandenen, auf den die Symbole hinweisen, mit denen sie verziert ist: ein Kreuz mit Nägeln, das Alpha und das Omega, die Jahreszahl.
So ist es zunächst überraschend, auf der Kerze nur eine goldene Scheibe zu sehen, von der kreisförmig Strahlen ausgehen. Die Scheibe selbst hat eine matte und eine glänzende Fläche. Es ist das Bild einer Sonne. Nicht immer glänzend, manchmal nur matt und verhangen zu sehen. Aber jederzeit durchdringen ihre Strahlen die Dunkelheit. “Die Nacht wird hell wie der Tag, wie strahlendes Licht wird die Nacht mich umgeben”, wird im Osterlob gesungen. Diesen Gedanke hebt die Sonnenscheibe auf der Osterkerze als zentrale Botschaft der Nacht hervor.
“Gott sah, das das Licht gut war”, (Gen 1, 4) heißt vom ersten Schöpfungstag. Er ist der Tag der Auferstehung, der in unserer Sprache der Tag der Sonne, der Sonntag ist. Obgleich er im bürgerlichen Wochenplan an das Ende einer Woche gerückt ist, ist er doch im Heilsplan Gottes der erste Tag der neuen Schöpfung, an dem das Licht der Auferstehung die Finsternis des Todes zerreißt. Im Glanz der österlichen Sonne hat das Dunkel der Sünde, des Frevels, des Hasses und der bösen Gewalten keine Chance.
In vielen Osterliedern wird das Thema Licht und Sonne aufgegriffen. Paul Gerhard dichtet: “Die Morgenröte war noch nicht mit ihrem Licht vorhanden; und siehe, da war schon das Licht, das ewig leucht erstanden. Die Sonne war noch nicht erwacht, da wachte und ging auf voll Macht, die unerschaffne Sonne.” (GL 226) Von Friedrich Spee ist das Lied “Die ganze Welt, Herr Jesus Christ, in deiner Urständ fröhlich ist.” Er lässt die ganze Schöpfung über die Auferstehung jubeln, auch die Sonne: “Der Sonnenschein kommt jetzt herein und bringt der Welt ein’ neuen Schein. Halleluja” (GL 219)
Die Sonnenscheibe auf der Osterkerze ist ein Zeichen der Sehnsucht vieler Menschen nach der Sonne der Gerechtigkeit. Sie ist die Botschaft der Verheißung Gottes: In Christus ist das Leben, und das Leben ist das Licht der Menschen. Halleluja.
Pfarrer Lutz Nehk,
veröffentlicht auf der Seite des Johannes-Hospiz Münster