Fastenpredigt P. Provinzial Stefan Kiechle SJ 03.03.2013

Freude

“Der Mensch soll seine Freude so ernst nehmen, wie sich selbst. Und er soll es sich und seinem Herzen und seinem Herrgott glauben, dass er für die Freude geschaffen ist.”

Predigt von P. Provinzial Stefan Kiechle SJ am 2. Fastensonntag,
24. Februar 2013

Von der Predigt steht kein Manuskript zur Verfügung. Wir dokumentieren hier den Text von P. Alfred Delp SJ, der der Predigt zugrunde lag.

 

Von den Bedingungen der wahren Freude

“Ja, was ist das nun, die Freude, die wahre Freude? Die Philosophen sagen, es wäre die Zufriedenheit und Gehobenheit des Gemütes über ihm zur Verfügung stehende Güter. Das mag für irgendwelche Phänomene der Freude stimmen, aber die Freude ist das nicht. Wie sollte ich sonst in dieser Zeit und in dieser Lage zu einer wahren Freude kommen?

Hat es überhaupt Sinn, sich über die Freude viel Gedanken zu machen? Gehört sie nicht zu den Luxusartikeln des Lebens, die in dem schmalen Privatraum, den das Kriegsgespräch zulässt, keinen Platz hat? Und erst recht nicht in einer Kerkerzelle, in der man hin- und herpendelt, die Hände in Eisen, das Herz in alle Winde der Sehnsucht gespannt, den Kopf voller Sorgen und Fragen?

Und dann muss es einem in solcher Lage immer wieder geschehen, dass plötzlich das Herz die Fülle des zuströmenden Lebens und Glückes nicht n1.ehr zu fassen vermag. Dass plötzlich und ohne dass man weiß, warum und worüber, wieder Fahnen Über dem Dasein gesetzt sind und wieder Verheißungen gelten. Das eine oder andere Mal mag es die Notwehr des Daseins sein, das sich wehrt gegen die depressive Vergewaltigung. Aber immer ist es dies nicht. So oft war es eine Ahnung kommender guter Botschaft – auch dies gibt es in unserem Kloster zum harten Leben. Oft auch fand bald darauf die findige Liebe einen Weg zu uns mit einer Gabe der Güte zu einer Zeit, da dies nicht üblich war.

Aber dies war nicht alles. Es gab und gibt die Stunden, in denen man getröstet ist und innerlich gehoben, in denen man die Sachlage genauso real und aussichtslos sieht wie sonst und doch nicht gram wird darüber, sondern es wirklich fertigbringt, das Ganze dem Herrn zu überlassen. ( … )

Der Mensch muss, um des wahren Lebens fähig zu sein, in bestimmten Ordnungen und Beziehungen zu Gott stehen. Auch die Fähigkeit zur echten Freude und die freudvolle Lebendigkeit selbst hängen von bestimmten Bedingungen des menschlichen Lebens ab, von bestimmten Haltungen gegenüber Gott. Wo das Leben sich nicht als in Gemeinschaft mit Gott stehend und geschehend begreift, da wird es grau und grämlich und nüchtern und rechenhaft.

Wie müssen wir leben, um der wahren Freude fähig zu sein oder zu werden? Die Frage muss uns heute mehr als sonst noch beschäftigen. Der Mensch soll seine Freude so ernst nehmen, wie er sich selbst nimmt. Und er soll es sich und seinem Herzen und seinem Herrgott glauben, auch in der Nacht und in der Not, dass er für die Freude geschaffen ist. Das heißt aber: für ein erfülltes Leben, das um seinen Sinn weiß, das seiner Fähigkeiten sicher ist, das sich auf dem rechten Weg weiß zu seiner Vollendung und im Bündnis mit allen guten Geistern und Kräften Gottes, das sich gesegnet weiß und gesendet und zuinnerst angerührt von Gott selbst.

Wie soll der Mensch leben, damit ihm dieses Glückhafte im Herzen aufgeht und einen strahlenden Schein in seine Augen und sein Antlitz kommen lässt und seinen Händen ein glückhaftes Können und Vollbringen gibt? (…)”

 

Quelle: Alfred Delp, Im Angesicht des Todes, Herausgegeben von Andreas R. Batlogg und Richard Müller, Ignatianische Impulse, Band 21, Echter, Würzburg 2008, Seite 22f

 

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