Predigt von P. Herbeck 3.2.2013

Wir sind ausgesprochen Stolz auf ihn

Predigt von P. Werner Herbeck zum Todestag von P. Alfred Delp
am 3. Februar 2013 in der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum

 

Einige Gedanken zum Leben und Sterben von Pater Alfred Delp SJ 15.09.1907 bis 02.02.1945, Hinrichtung in Berlin Plötzensee.

In einem unlängst veröffentlichten, nachdenklichen Text über einige besondere Charakteristika von Alfred Delp, schreibt der frühere Leiter der ZDF-Hauptredaktion, Dr. Hans Heiner Boelte, einige bemerkenswerte Sätze: ” Von ihm wissen viele, wie er schmählich von den Nazis ermordet wurde. Sein Leben ist ein dramatisches Beispiel für eine bis zur letzten Hingabe gelebte christliche Existenz. Seine Briefe und Betrachtungen sind sowohl Zeugnisse seiner tiefen inneren Freiheit und des persönlichen Mutes, als auch Dokumente der Leidenschaft, für die eigene Überzeugung einzustehen.”

Sein Biograph P. Roman Bleistein, Mitglied des Jesuitenordens in München, sieht in Delp nicht nur den politischen Helden, sondern” einen Glaubenszeugen, der unbeirrt in der Hoffnung auf Jesus Christus sein Zeugnis für die rechte Freiheit ablegt. Delp sagt” wo Konflikt ist, muss gefochten werden, ohne Kompromiss und Feigheit” Seine Spontaneität und leidenschaftliche Klarheit, seine Selbstgewissheit und sein unerschütterlicher Glaube reizte nicht nur Nazis – etwa Freisler, den sogenannten Präsidenten des Volksgerichtshofes –  zur Weißglut, sie war auch ärgerlich für seine Oberen, wenn sie denn Konflikte scheuten. Delp sagt “wenn durch einen Menschen ein wenig mehr Licht und Wahrheit und Güte, ein wenig mehr Licht und Wahrheit auf der Welt war, hat sein Leben einen Sinn gemacht.” Hilfreich seine Erkenntnis: “Den Lasten Gottes soll man nicht ausweichen. Sie sind zugleich der Weg in den Segen Gottes”.

Delp hatte selbst erlebt, dass totalitäre Systeme auf Schweigen basieren. Autoritäre Systeme profitieren vom Gehorsam, der Unterwerfung. Delp würde das gerade heute manchen Gehorsamsforderungen innerhalb der katholischen Welt-Kirche, und nicht zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland, unbefangen unterstellen und mehr als deutlich aussprechen. Denn Alfred Delp hat uns ein gutes Wort geschenkt, das auch heute noch gilt: “lasst uns dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt”. Man kann nur hoffen, dass man dieses Wort immer wieder auch in der Weltstadt Rom hört. Dazu gehört auch ein hellsichtiges Wort einer evangelischen Journalistin in der Ausgabe der Wochenzeitschrift “die Zeit”, vom 31.01.2013 von Pfarrerin Petra Bahr “traurig, aber treu”.

“Die Abwehrhaltung der Institutionsvertreter, die öffentlich viel zu wenig für eine theologisch begründete Sicht der Dinge werben, lässt den Verdacht wachsen, es ginge ihnen schon lange nicht mehr um das Zeugnis des christlichen Glaubens, sondern darum, Besitzstände zu wahren vor einer feindlich wahrgenommenen Welt. Wo die Sprache der Kirche nicht mehr als Alltagssprache für das eigene Leben taugt, wo statt seelsorglicher Töne nur institutionelle Verteidigungsreden, wo der glaubwürdige Umgang mit kirchlichem Versagen und Schuld durch Kommunikationsstrategien umgangen wird, da verstummt in der Folge auch die eigene Religiosität.”

Als ich in Vorbereitung dieser Ansprache diesen Text las, wurde mir bewusst, dass Alfred Delp in seinem Buch “Im Angesicht des Todes” ähnlich zu solchen Themen gesprochen und geschrieben hat.

Pater Alfred Delp ist am 2. Februar 1945 im Alter von 38 Jahren am Galgen in Berlin Plötzensee gehängt worden. Sein ökumenischer Freund, Graf von Moltke, der Gestalter und Mitdenker im Kreisauer Kreis, ging ihm am 23. Januar 1945 voraus.

Zur gleichen Zeit wurde der bedeutendste evangelische Theologe unserer Zeit, Dietrich Bonhoeffer ermordet. Auch der Chef des deutschen Geheimdienstes, Admiral Canaris, wurde im April 1945 Gehängt. Er hat etwas mit mir und meiner Familie zu tun, weil meine Tante bis Ende 1944 in dessen Ämtern tätig gewesen war.

Die SS, der SO, die Gestapo hatten es sehr eilig, viele Widerstandskämpfer noch vor ihrem eigenen Ende umzubringen. Viele dieser Killer nahmen dann selbst eine Gift-Pille. Aus Feigheit.

In dem Buch “Alfred Delp-im Angesichts des Todes”, 2. Auflage 2088 lesen wir über die letzten Wochen und sein Ende:

“Es ist atemberaubend mitzuverfolgen, wie sehr die letzten Monate Delp verändert haben. In der Regel wurden Todesurteile sofort vollstreckt. Bei Delp war es anders. Sämtliche Stimmungen kommen in den Wochen zwischen dem 11. Januar und 2. Februar 1945 vor: ungebrochener Lebenswille, aber auch Schwermut und Depression. Immer wieder muss sich Delp das Todesurteil regelrecht bewusst machen: “ich bin mir oft ein Rätsel und kenne mich nicht recht aus mit mir. Wieso kann ich stunden- und tagelang leben, als ob die ganze Misere überhaupt nicht wäre? Das Ganze kommt mir so unwirklich vor. Ehrlich und gerade: ich würde gern noch weiterleben und gern und jetzt recht weiterschaffen und viele neue Worte und Werte verkünden, die ich jetzt erst entdeckt habe. Es ist anders gekommen.”

Die Exekution erfolgte an Lichtmesse 2. Februar 1945 kurz nach drei Uhr Nachmittags. Auf direkten Führerbefehl wurde die Asche Alfred Delps auf den Rieselfeldern Berlins in alle Winde verstreut. Nichts sollte an ihn erinnern … Und doch erinnern uns seine in mehreren Büchern festgehaltenen Betrachtungen. Vor allem seine großartigen Anmerkungen in dem später festgehaltenen Buch “im Angesicht des Todes'” an so vieles, was er uns hinterlassen und überlassen hat.

Im Orden sagen manche, dass es in mancher Hinsicht nicht reichen wird, dass Alfred Delp in unserer Kirche selig gesprochen werde. Er scheint nicht fromm genug gewesen zu sein, nicht einmal für Johannes Paul II. Der doch so gern in aller Welt Männer und Frauen selig oder heilig sprach.

In unserem Orden können wir ganz gut mit dieser Erfahrung gelassen umgehen. Wirt hatten und haben Alfred Delp SJ. Wir sind ausgesprochen stolz auf ihn.

P. Werner Herbeck S.J.

 

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