Eine ökumenische Bruderschaft
Predigt von Professor Dr. Günter Brakelmann in dem Gottesdienst zur Gründung des “Ökumenischen Gedenkzentrums Plötzensee” am 22. Januar 2009
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen!
Unser Predigttext für heute steht im Hebräerbrief, Kapitel 13, Verse 7- 9a:
Gedenkt an eure Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben;
ihr Ende schaut an und folgt ihrem Glauben nach.
Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.
Lasst euch nicht durch mancherlei fremde Lehre umtreiben,
denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde,
welches geschieht durch Gnade.
Morgen am 23. Januar 2009 werden es 64 Jahre her sein, dass Helmuth James von Moltke, der Protestant aus altem Adelsgeschlecht, in Plötzensee hingerichtet worden ist. Mit ihm zusammen hingen am Galgen Nicolaus Groß, der Mann aus der katholischen Arbeiterbewegung, Eugen Bolz, der katholische Zentrumspolitiker und der Sozialdemokrat Theodor Haubach. Am 2. Februar wurde an gleicher Stelle Moltkes Freund aus dem Kreisauer Kreis, der Jesuit Alfred Delp, stranguliert. Mit ihm zusammen verröchelten Carl Goerdeler und Johannes Popitz.
Diese Ereignisse gehören nicht nur zur deutschen politischen Widerstandsgeschichte, sondern sind zugleich Ereignisse der deutschen Kirchengeschichte. Alle Männer haben sich je auf ihre Weise als Christen verstanden. Ihre letzten Beweggründe, den NS-Totalitarismus politisch zu überwinden, kamen aus ihrer christlichen Überzeugung, dass der Mensch als Person nicht zum Mittel für ideologische Zwecke und aggressive Politik erniedrigt werden kann. Für sie waren die NS- Weltanschauung und die aus ihr resultierende Politik die Alternative zur christlichen Anthropologie, zur christlichen personalen und sozialen Ethik und zum christlich verstandenen Staatsverständnis. Für einige von ihnen war das neuheidnische NS-Experiment der geschichtswirksam gewordene „Antichrist“, eine satanische Macht, deren Wonne das Zerstören war.